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Die Schultüte - eine schöne Tradition zum Schulanfang

Mit dem ersten Schultag beginnt für jedes Kind ein neuer Lebensabschnitt.
Er wird ausführlich gefeiert, Großeltern und Paten werden eingeladen, ein Gottesdienst findet statt. Die ABC-Schützen werden durch eine kleine Feier in der Schule begrüßt und dann geht die ganze Familie noch zu einem gemeinsamen Essen.
Dass ein Schüler an seinem ersten Schultag eine Schultüte zur Einschulung erhält, ist im deutschsprachigen Raum heute selbstverständlich.
Doch woher kommt dieser Brauch?

Woher kommt der Brauch mit der Schultüte?

Die Tradition, Kindern mit einer Zuckertüte den Schulbeginn zu versüßen, ist über 200 Jahre alt. Das erste schriftliche Zeugnis darüber stammt aus dem Jahr 1801 und aus dem Thüringer Wald. 1817 wurde die Schultüte in Jena erwähnt, 1820 in Dresden. Vermutlich ist der Brauch aber noch älter und reicht bis ins späte 18. Jahrhundert zurück. Die Verbreitung zog sich mit Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Rheinland-Pfalz wie ein Gürtel durch Deutschland. In anderen Gegenden war der Brauch unbekannt.
Die Schultüten des 19. Jahrhunderts kannst Du aber nicht mit den heutigen vergleichen. Sie bestanden aus den Spitztüten, die zur damaligen Zeit zum Verkauf von Waren genutzt wurden. Eltern, die ihren Kindern die Scheu vor dem Schulbeginn nehmen wollten, erzählten, dass bei dem Lehrer ein Baum mit Zuckertüten wachsen würde. An manchen Schulen wurde tatsächlich ein Baum mit den Zuckertüten der Kinder behängt und jedes Kind durfte sich sein Zuckertütel suchen. Ein Kinderbuch leistete der Verbreitung des Brauches noch einmal Vorschub. Im Jahr 1852 wurde das Buch „Zuckertütenbuch für alle Kinder, die zum ersten Mal in die Schule gehen“ von Moritz Heger veröffentlicht. Darin wurde berichtet, dass im Keller des Lehrers ein Zuckertütenbaum stehe, von dem er Zuckertüten für brave Kinder pflücke.
Der Brauch ist inzwischen in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz verbreitet. Er wurde vor allem in den ursprünglichen Verbreitungsgebieten all die Jahrhunderte bewahrt. Selbst in Krisen- und Kriegszeiten wurde er aufrecht erhalten. Auch arme Familien, die es sich eigentlich nicht leisten konnten, wollten nicht darauf verzichten, ihrem Kind eine Zuckertüte mit auf den Weg zu geben. Damit diese so voll und schwer wirkte wie die der zukünftigen Schulkameradinnen und Schulkameraden, wurde sie unten mit Kartoffeln, Holzwolle oder Papier ausgestopft. Es gab auch Fälle, in denen ein Holzschuh zum Ausstopfen verwendet wurde. In manchen anderen Gegenden, in denen die Tradition nicht so tief verwurzelt war, gingen die Kinder allerdings leer aus. So wurde in Westfalen beispielsweise erst im Jahr 1930 erwähnt, dass Kinder eine Schultüte zum Schulanfang erhielten. Über die Einschulung in Detmold im Jahr 1923 wird berichtet: "Schultüten gab es nicht, auch keine anderen Geschenke". In der heutigen Zeit ist eine Einschulung ohne Zuckertüte jedoch undenkbar.

Schultüten - Eine Tradition für alle

Eine Schultüte zum Schulanfang, das ist ein Brauch, der sich auf die deutschsprachigen Länder beschränkt. Kinder aus anderen Nationen, deren Eltern in Deutschland arbeiten oder hier Zuflucht gefunden haben, standen und stehen oft ohne Schultüte da. Das lag häufig daran, dass die Eltern nichts von diesem Brauch wussten. Ist er ihnen bekannt, übernehmen sie ihn in der Regel gerne.
Ein Zeichen dafür, wie wichtig die Zuckertüte gerade in den ursprünglichen Verbreitungsgebieten Thüringen und Sachsen ist, zeigen Initiativen, die dabei helfen, dass Flüchtlingskinder, aber auch Kinder aus ärmeren Familien, eine Tüte zum Schulanfang erhalten. So wurde beispielsweise in Leipzig die "Aktion Zuckertüte" ins Leben gerufen, die sich dafür einsetzt, dass alle Kinder an ihrem ersten Schultag eine Schultüte bekommen.

Eine Schultüte selbst kaufen oder basteln?

Traditionell war das Zuckertütel eine Tüte, die die Eltern beim Einkaufen erhielten, da die Waren darin verpackt wurden. Nach und nach änderte sich das aber. Die Tüten wurden speziell für diesen Anlass gekauft. Wieder war Sachsen hier Vorreiter. Es wurde dort bereits 1910 damit begonnen, die Tüten für den ersten Schultag in Fabriken herzustellen. Heute ist Bamberg in Bayern das Zentrum der Herstellung von Schultüten. Jede zweite Schultüte, die über den Ladentisch geht, wird in der fränkischen Stadt hergestellt.
Der Brauch, die Zuckertüte selbst zu basteln, ist ebenfalls verbreitet. In manchen Kindergärten ist es üblich, dass sie am Ende der Kindergartenzeit zusammen mit den Eltern gebastelt werden. Auch hier gibt es regionale Unterschiede. Während in Rheinland-Pfalz laut einer Umfrage 64 Prozent die Tüte selbst basteln, sind es in Sachsen-Anhalt nur 10 Prozent. Im Gesamtdurchschnitt basteln 46 Prozent die Tüte selbst. In diesem Zusammenhang ist ein Fakt ebenfalls interessant: In der BRD waren die Zuckertüten rund beziehungsweise kegelförmig, in der DDR waren sie sechseckig.

Was kann alles in eine Schultüte gepackt werden?

Ursprünglich waren wirklich nur Süßigkeiten in den Zuckertüten, allen voran Konfekt, Marzipan und getrocknete Früchte. Zuckertüten gab und gibt es nicht nur von den Eltern, sondern auch von Nachbarn und Verwandten. Auch dieser Brauch hat sich in manchen Gegenden bis heute gehalten. Nach und nach gesellten sich zu den Süßigkeiten nützliche Dinge für die Schule, beispielsweise ein Griffel oder eine Schiefertafel.
Die heutigen Schultüten sind bunter gefüllt. Neben Süßigkeiten aller Art finden sich Buntstifte, andere nette Dinge für den Schulalltag, Bücher und Spielsachen in ihnen. Im Durchschnitt geben Eltern 30,00 Euro bis 50,00 Euro für den Inhalt aus. Doch für die Kinder ist meist nicht der Wert des Inhalts wichtig. Viel wichtiger ist es, dass sie zum Schulanfang eine Überraschung erleben dürfen.

Weitere Bräuche rund um den ersten Schultag

In den Ursprungsländern der Zuckertüte wird der Einschulung und dem damit verbundenen Beginn von etwas völlig Neuem nach wie vor eine zentrale Bedeutung beigemessen. Entsprechend wird der erste Schultag gefeiert. Tagelang wird im Vorfeld gebacken. Beim Bäcker wird ein Kuchen mit dem Namen des Kindes bestellt. Die Kuchen werden an Nachbarn und Verwandte verteilt. Nachbarskinder erhalten ebenfalls kleine Geschenke.

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